Sonntag, 21. Juli 2002
Tag 5: Marathon durch die Dolomiten; vom Passo Staulanza zur Refavaie
Passo Staulanza - Alleghe - Falcade - Passo di Valle - Val Venegia - Passo Rollo - St. Martino di Castrozzo - Lago di Calaita - Caoria - Rif. Refavaie
Start: 8:45 Uhr - Stop: 19:45 Uhr - Kilometer: 101 km - Höhenmeter: +2500 hm / -3150 hm - Schnitt: 13,3 km/h - Fahrzeit: 7½ h
Übernachtung am Passo Staulanza (1773 m) |
Lago d'Alleghe |
Pfad Richtung Alleghe |
Wir haben uns überlegt, heute bis zur Rifugio Refavaie zu fahren. Das erscheint uns als Ausgangspunkt für die morgige Etappe ins Val Sugana und auf den Monte Ortigara am sinnvollsten. Es war klar, dass das eine gewaltige Strecke werden wird. Wir wollen also keine Zeit verlieren und sind zeitig unterwegs. Auf dem Weg nach Alleghe (979 m) folgen wir der ausgewiesenen Civetta Bikeroute. Das ist eine gute Wahl, da man im Gewirr der Trails und Skipisten sonst schnell eine uninteressante Strecke wählt. Wir erwischen ein paar tolle Blicke auf den Lago d'Alleghe und rollen im Trailfieber in Alleghe ein. Ein kurzer Anruf bei der Refavaie und ein Supermarktstopp und weiter geht es.
Von Alleghe bis Falcade ging die Transalpchallange über die Forcela S.Tomaso und andere kleine Orte am Hang entlang. Da unser Programm für heute bereits heftig genug ist, fahren wir die Straße nach Cencenighe (773 m) und von dort über den Radweg nach Falcade (1145 m). Das ist absolut stressfrei und spart 500 hm gegenüber der Hangquerung. Landschaftlich und technisch ist diese Strecke natürlich nicht der Brüller.
Auffahrt zum Passo di Valle (2031 m) |
Am Ende des Val Venegia an der Baita Segantini (2174 m); es regnet |
Auch den sicherlich interessanten Lago di Cavia schenken wir uns und treten die Passstraße zum Passo di Valles (2031 m) hinauf. Immer wieder schiebe ich mir einen Corny oder eine Banane rein, da das Mittagessen heute aus Zeitgründen abgesagt ist. Nach kurzer aber rasanter Abfahrt beginnt auf etwa 1700 m das sagenumwobene Val Venigia, von dem wir schon so viel Tolles gehört haben. Zwei Dinge fallen aber sofort negativ auf. Erstens pilgern Massen von Touris durch den unteren Teil des Tals und machen sicheres Pilotieren erforderlich, offenbar der Preis dafür, dass heute Sonntag ist. Zweitens ist die Sonne verschwunden und dunkle Wolken hängen über uns. Ausgerechnet bei diesem landschaftlichen Highlight will uns das Wetter einen Strich durch die Rechnung machen? Wenn jetzt Dauerregen kommt, wird auch das Tagesziel nur mit Qualen zu erreichen sein. Wir versuchen uns zu beeilen, aber das Tal zieht sich fürchterlich., besonders die vielen Kehren am Ende. Auf den letzten Metern vor Erreichen der Baita Segantini (2174 m) öffnet der Himmel seine Schleusen. Eiskalter Wind peitscht über den Kamm und lässt den Regen waagrecht ins Gesicht fliegen. Es herrscht Untergangsstimmung, aber noch erspare ich mir die Regenkleidung. Als wir oben sind, schlüpfen wir dann so schnell wie möglich in die Plastikkleidung, um ein völliges Auskühlen zu vermeiden.
Am Lago di Calaita südlich von S.Martino di Castrozza |
Es bleibt keine Zeit, um auf Besserung zu warten, und so geht es im Regen weiter zum Passo di Rolle (1980 m) und über die Passstraße langsam hinunter nach San Martino di Castrozza (1444 m). Das Hauptproblem bei diesen nassen Abfahrten ist das Spritzwasser des Vorderrades, das einem entgegengeflogen kommt und die Sicht nach vorne blockiert. Von der Landschaft bekommen wir nichts mehr mit. In San Martino ist das Wetterschauspiel zum Glück zu Ende und wir packen die Regensachen wieder weg. Im Ort herrscht reger Trubel, also nichts wie weg. Es ist auch bereits fortgeschrittener Nachmittag. Die Weiterfahrt zum Lago di Calaita (1621 m) ist an sich harmlos, sie wird aber unterbrochen von einem kurzen aber heftigen Schiebe-/Tragestück an der Malga Scanaiol. Nach den Kilometern, die wir bereits in den Beinen haben, hätte das nicht sein müssen. Der Untergrund ist schlammig und noch alles feucht vom Regen. Wenig später passieren wir dann den Lago. Es ist neblig und kühl und der See wirkt gespenstig. Auch hier kann man übernachten, aber wir haben unser Ziel noch immer fest vor Augen, auch wenn bis dahin 20 km Teerstraße auf uns warten. Es geht hinunter ins Valle del Vanoi (757 m), wo wir auf der Straße ziemlich einsam die letzten 350 hm abspulen. Ich habe auf diesen Metern wirklich gekämpft.
Da wir uns angemeldet haben, ist es nicht tragisch, dass es so spät geworden ist (die Refavaie ist eine sehr kleine Rifugio, hier sollte man sich grundsätzlich vorher anmelden). Wir bekommen ein Lager für uns alleine und die Halbpension ist im Vergleich zu den letzten Tagen unschlagbar günstig. Zum Fluchen bringt mich nur das kalte Wasser in der Dusche. Dafür ist das Abendessen ausgezeichnet. Für mich gibt es als Vorspeise Pasta und danach einen gegrillten Fisch. Dazu Bier und eine paar witzige Biker am Nebentisch. Wir behandeln diesen Tag als abgehakt. Es war sowohl für Elmar als auch für mich die härteste Tagesetappe, die wir je gefahren sind. Über 100 km sind eine tolle Leistung, und in Verbindung mit den 2500 hm bin ich wirklich erstaunt, dass wir das gepackt haben. Noch dazu ohne richtiges Mittagessen. In Anbetracht, dass es morgen einfacher wird (denken wir zumindest), lässt sich diese harte Etappe aber verschmerzen.