Höhenprofil Tag 6
Mittwoch, 22. August 2018
Tag 6: Das Ende der Alpen
Kranjska Gora - Vršič - Soča-Quelle - Soča-Tal - Kobarid - Tolmin
Start: 09:15 Uhr - Stop: 17:30 Uhr - Kilometer: 90 km - Höhenmeter: +1450 hm / -2050 hm - Maximale Höhe: 1680 m - Schnitt: 15,3 km/h - Max: 61 km/h - Fahrzeit: 5:45 h
Reparaturbedarf |
Jasna-Badesee bei Kranjska Gora |
Vor der Arbeit kommt das Vergnügen, oder so Ähnlich. Arndt muss erst mal sein Rad verarzten und eine neue Speiche einbauen. Ich nutze die Zeit und liefere meine Postkarten bei der Post ab. Danach beginnen wir mit dem 800 hm langen Aufstieg zum Vršič-Pass (1611 m). Von Kranjska Gora gibt es nur diesen einen Weg, um zur Soča zu gelangen, auch für Autofahrer. Die ersten Höhenmeter können wir noch auf einer Schotterpiste am Bach bleiben und rollen direkt auf die steilen Felswände des Prisojnik zu, der das Tal nach Süden abriegelt. Die Bergwelt ist wieder sehr viel ansprechender, als in den letzten Tagen. Interessant, dass jemand hier im Südosten der Alpen noch mal einen Haufen schroffer hoher Berge hingeworfen hat.
Am ausgetrockneten Velika Pišniča, Prisojnik voraus |
Am ausgetrockneten Velika Pišniča |
Querung zur Passstraße |
Vršič-Passstraße (1) |
Vršič-Passstraße (2) |
Karrenweg zum Vršič-Pass |
Für den gesamten Mittelteil der Strecke gibt es leider nur die Passstraße. Ich empfinde sie aber nicht als unangenehm. Die Straße ist so eng und steil, dass der Verkehr eher langsam rollt und kaum ein Autofahrer riskante Überholmanöver macht. Die Kehren sind sogar nur gepflastert. Viel Verkehr ist allerdings schon. Die letzten 200 hm verlaufen wieder abseits der Straße, auf einem ultraflachen verfallenen Karrenweg, wo es etwas Zeit braucht, die Höhenmeter einzufahren.
An der Jause Poštarski Dom (1688m) |
Aussichtspunkt Šupca mit dem oberen Ende des Soča-Tales |
Wir erreichen als höchsten Punkt nicht den Pass, sondern die etwas höher gelegene Jause Poštarski Dom (1688 m). Viele Leute kommen vom nahen Pass herüber gewandert, es riecht nach Touri-Nepp, was sich auch bestätigt. Trotzdem kurze Pause. Für die Abfahrt böte sich nun ein Weg abseits der Straße, den ich komischerweise nur in einer meiner Karten sehen kann. Nach wenigen Metern zeigt sich auch wieso, er ist schlicht zugewachsen. So drehen wir um, kreuzen hinüber zum Vršič (1611 m) und begeben uns in die lange Asphaltabfahrt zur Soča. Der naheliegende Trail, der direkt neben der Straße zur Quelle hinunter führt, ist nämlich für Radfahrer verboten. Aber auch die Straße fordert uns. Eine wahre Kehrenorgie windet sich den Berg hinunter, nur unterbrochen vom Halt am Aussichtspunkt Šupca (1381 m). Am Talgrund stinken meine Bremsen wie eine Schweißerei.
Klettereinsteig zur Soča-Quelle |
Blick in die trockene Soča-Quelle |
Wir biegen nach rechts ab und treten noch mal 100 hm nach oben bis zum Parkplatz an der Soča-Quelle (886 m). Wenn ich schon mal hier bin, muss ich mir auch die Quelle ansehen. Ich lasse Arndt an der dortigen Jause zurück, denn die letzten 100 hm funktionieren nur zu Fuß. Viel zu erwarten habe ich nicht, denn es fließt kein Wasser im Bachbett. Ich bin wahrlich nicht der Einzige, der die Quelle sehen möchte, aber bin ich vermutlich der Schnellste auf dem steilen Pfad. Die letzten Meter sind eine ordentliche Klettereinlage entlang einer Felswand mit Seilsicherung. Ich steige fast bis in die Quelle hinein, ein großes rechteckiges Fenster im Fels. Wasser fließt ja keines. Dann mache ich mich auf den Rückweg und bin nach ca. 30 Minuten wieder bei Arndt.
Soča-Gumpen |
Soča-Tal |
Es wird nun auch Zeit, Land zu gewinnen. Oben vom Pass ziehen äußerst finstere Wolken herüber. Es riecht nach Gewitter. Mit der Kette rechts schießen wir die Straße weiter hinunter. Vorbei an Trenta (620 m) bis zum Kamp Korita. Bis hierher konnten wir den dunklen Wolken gut entkommen. Der Track verläuft nun ein paar Kilometer links des Flusses, abseits der Straße. Wir sind jetzt mittendrin im Soča-Tal, die mittlerweile auch einiges Wasser führt. Das Tal ist ganz nett, beeindruckt mit seinen grünen Hängen aber nicht besonders, wenn man die Alpen etwas umfassender kennt. Die Soča ist allerdings wirklich ein ganz besonders hübsches Flüsschen. Flache Stellen wechseln sich ab mit tief in den Fels gegrabenen Gumpen, die zum Baden für Hartgesottene einladen. An vielen Stellen wird davon reichlich Gebrauch gemacht. Da wir gerade jetzt das erste Mal auf unserer Tour keine Sonne haben und das Gewitter uns immer noch im Nacken sitzt, können wir diese Möglichkeit leider nicht entspannt nutzen.
Soča-Temperatur |
Soča-flach |
In der Nähe von Bovec wechseln wir endgültig auf die linke Flussseite und verlassen damit die Vršič-Straße. Das Gewitter haben wir abgehängt, der Sommer hat uns wieder. Zunehmend offroadiger folgen wir weiter der Soča, die nun schon ein richtiger kleiner Fluss ist.Der Weg ist eigentlich sehr schön, einsam und mit netten Ausblicken aufs Wasser. Doch es gibt auch ein paar Gegenanstiege und man kommt gefühlt nicht gut voran. Bei einem Anstieg rutsche ich aus den Klicks und haue mir voll das Pedal gegen das Schienbein. Großer Spaß am späten Nachmittag. Hier wäre kühlendes Wasser echt super, wenn nicht gerade jetzt die Soča 50 Meter unter uns wäre. Sichtlich genervt prügele ich den Weg weiter. Das Ziel für heute ist Tolmin und noch nicht in Reichweite. Auf diesem Weg werden wir es auch nicht in angemessener Zeit erreichen.
Hostel Hildegarden in Tolmin (200m) |
Am Kamp Trnovo bietet sich endlich die Möglichkeit über eine Brücke zurück auf die Straße zu wechseln. Das nehmen wir gerne an. Genug Mountainbike-Tour für heute, etwas Strecke machen kommt auch mal gut. In Kobarid (232 m) besuchen wir noch einen winzigen Supermarkt und verschaufen ein bisschen. Durch die geringe Höhe, die wir mittlerweile erreicht haben, ist die Hitze echt heftig. Der bisher auch in Deutschland sehr heiße Sommer war zum Glück ein gutes Training. Die letzten 15 km bis Tolmin wechseln wir wieder die Flussseite und rollen auf einem Nebensträßchen dem Tagesziel im Hostel Hildegarden entgegen, das ich übrigens spontan recherchieren musste, nachdem mein ursprünglich anvisiertes Domizil in Drežnica keinen Platz mehr frei hatte. Daher wurde die Etappe auch etwas länger.
Das Hostel bietet zwar nur Lager an, aber der Komfort ist nicht mit einer Berghütte zu vergleichen. Es gibt eine wirklich schöne Terasse und eine Küche zur allgemeinen Benutzung. Der Preis ist dazu wirklich günstig. Nur Getränke müsste man sich leider extern besorgen. Wir sind aber keine Selbstversorger und verbringen den Abend lieber in einer Pizzeria. Bis auf mein angeschlagenes Schienbein eine schöne Etappe. Auch zeitlich hat der Tag am Ende gut funktioniert, wenngleich die Etappe einen Tick kürzer hätte sein können. So haben wir das gesamte Soča-Tal an einem Tag abgeritten. Die Berge sind bereits viel kleiner und ab morgen wird die Strecke fast mittelgebirgig. Die Alpen sind zu Ende.