Donnerstag, 2. September 1999
Tag 8: Über die Brenta zum Lago di Tovel
Kilometer: 58 km - Höhenmeter: 1800 hm - Schnitt: 9,7 km/h - Max: 65 km/h - Fahrzeit: 6 h
Haselgruber Hütte im Morgenlicht |
Trail von der Haselgruber Hütte (1) |
Kurzer Stop |
Natürlich sind meine Sachen nicht trocken geworden und der Fön muss für die wichtigsten Teile herhalten. Als eine der ersten Gruppen machen wir uns auf den Weg. Auch heute morgen ist es im Schatten sehr kühl und wir beeilen uns, in die Sonne zu kommen. Der Trail, der von der Hütte (2425 m) hinunter führt, ist klasse. Er ist zwar steil, vermittelt aber ohne irgendwelche Abgründe links oder rechts ein sicheres Gefühl. Die weitere Abfahrt bis Rabbi (1150 m) erfolgt über eine Forststraße. Nachdem wir dort alle wieder zusammen sind, rollen wir weiter die Autostraße hinunter bis Male (738 m), wo wir wieder von sommerlicher italienischer Wärme umgeben sind und die langen Klamotten ausziehen.
Trail von der Haselgruber Hütte (2) |
Trail von der Haselgruber Hütte (3) |
Nach wenigen Kilometer über die hässliche Autostraße sind wir in Dimaro (766 m). Anscheinend findet hier heute ein Radrennen statt, denn es ist viel Polizei unterwegs und an einigen Stellen wird die Straße abgesperrt. Wir machen an einem Supermarkt eine kleine Frühstückspause und decken uns mit ein paar Vorräten ein. Jetzt müssen wir das Val Meledrio hinauf Richtung Madonna di Campiglio und danach weiter hoch in die Brenta zum Passo del Groste (2442 m). Durch dieses malerische Tal sind wir auch im letzten Jahr schon gefahren. Es ist eine richtige Engstelle, da ein großer Teil der Alpenüberquerungen zum Gardasee hier entlang führt. Entsprechend viele Mountainbiker sind unterwegs. Auch einige bekannte Gesichter aus der Haselgruber Hütte sehen wir.
Heute fahre ich die Strecke gelassener als im letzten Jahr, wo sie sich unheimlich in die Länge gezogen hat. Alexander und Felix treffe ich erst wieder an der Ranch M.ga Mondifra. Dort sind sehr viele andere Biker. Während sie alle über Madonna weiterfahren, biegen wir Richtung Skigebiet ab und fahren weiter bergan. Als der Weg in eine Skipiste übergeht, kann ich nur noch schieben. Alex und Felix treten killermäßig alles durch. An einer Liftstation machen wir eine Pause und essen Spaghetti. Meine noch nassen Sachen breite ich in der Sonne aus. Mit viel Mühe gelingt es mir von hier aus am Lago di Tovel anzurufen, um uns eine Unterkunft für heute Abend zu reservieren.
Blick auf das Adamello Massiv (links im Bild) |
Groste Pass (2442 m) |
Es ist ein unangenehmer Ort. Es ist alles auf große Menschenmassen ausgelegt, aber zu dieser Jahreszeit herrscht gespenstige Leere. Überall sind stillstehende Skilifte. Ich will schnell weiter. Das einzige interessante ist der Blick hinauf zu den Brentagipfeln, um die kleine Wölkchen ziehen, und das Adamello Massiv auf der anderen Talseite hinter uns, das für Biker nicht sinnvoll zu überqueren ist (laut anderen Tourberichten).
Die restliche Strecke bis hinauf zum Pass schieben wir, denn Über die planierte grobschottrige Geröllwüste kann man unmöglich fahren. Dann haben wir endlich den Pass erreicht und vor uns erstreckt sich die faszinierende Landschaft des Bentagebirges. Manche bezeichnen dies als den schönsten Gebirgszug der Alpen und ich wollte deshalb hier entlang zu fahren. Von der Haselgruber Hütte aus könnte man nämlich ohne Probleme direkt bis zum Gardasee durchfahren. Durch diesen Schlenker brauchen wir aber einen Tag zusätzlich.
Pietra Grande |
Flötzen in der Brenta |
Nun schlängelt sich ein schmaler Pfad weiter, der nur vereinzelt fahrbar ist. Es geht ständig auf und ab über dicke Felsbrocken. Im Gegensatz zum Skigebiet ist es hier so einsam und ruhig, dass wir uns auf die Wiese flötzen und eine lange Pause machen. Wir müssen ja nur noch hinunter zum Lago di Tovel.
Ich habe gelesen, dass es am Mount Turrion Basso zwei Wege hinunter zum Lago di Tovel gibt. Wir entscheiden uns für den kürzeren, auf dem wir fast 400 hm schieben müssen. Auf einem der kurzen Fahrstücke bleibe ich an einem Stein hängen, fliege über den Lenker und reiße mir übel die Hand auf. Bescheuert, dass ich auf diesem Weg vergessen habe, die Radhandschuhe anzuziehen. Ich kann jetzt kaum noch den Lenker halten.
Weiter unten im Tal sichten wir eine Alm. Wegen der Bäume ist die Orientierung zwar schwierig, es scheint aber wieder zwei Möglichkeiten zu geben. Wir überwinden einen Bach und stapfen über eine Kuhweide in Richtung der Alm, in der Hoffnung, dass von dort ein besserer Weg weiter hinunter geht. Es war die richtige Entscheidung, denn der Weg lässt sich mit etwas Überwindung hinunter fahren, im Gegensatz zur Alternativroute, auf der wir später drei andere Biker in der senkrechten Wand hängen sehen.
Abfahrt zum Lago di Tovel |
Die letzten 500 hm bis zum Lago di Tovel (1177 m) sind auf einem Forstweg mit Mordsgefälle gut zu fahren. Bei der Gelegenheit fällt mir ein, dass alle Routenbeschreibungen, die ich gelesen habe, die Brenta in der anderen Richtung überqueren, also genau den Weg hinauf, den wir jetzt hinuter sind. Den einzigen Vorteil, den ich darin sehe, ist der tolle Anblick der Berge beim Aufstieg, von denen wir jetzt nicht so viel gesehen haben.
Albergo Lago Rosso (1177 m) |
Der See wirkt total verschlafen. Schnell haben wir unsere zwei Zimmern in der Albergo Lago Rosso bezogen, geduscht und ein paar Sachen ausgewaschen. Es sind noch andere Radfahrer hier: eine Dreiergruppe, von denen einer das gesamte Gesicht verschrammt und verpflastert hat - er schien sich richtig gut zu fühlen damit -, und noch zwei andere, die über Tuenno und Cles zum See hochgekommen sind. Sie wollen morgen über den Groste-Pass nach Madonna. Nachdem wir ihnen den Weg hinauf beschrieben haben, sind sie davon nicht mehr begeistert. Beim Abendessen sitzen wir noch zusammen und trinken ein paar Flaschen Rotwein.