Freitag, 31. August 2001
Tag 7: Der Tremalzo
Val Dorizzo - Bagolino - Storo - Tremalzo - Limone
Start: 09:00 Uhr - Stop: 18.30 Uhr - Kilometer: 70 km - Höhenmeter: +1750 hm / -2800 hm - Fahrzeit: 5,5; h
Albergo Stella Alpina in Val Dorizzo (1183 m) |
Das Bergdorf Bagolino (778 m) |
Auch diese Unterkunft ist keine Empfehlung wert. Die Zimmer echt in Ordnung, aber die Verpflegung ähnlich dürftig wie letzte Nacht in Cedegolo. Die gute Nachricht ist, dass der Regen aufgehört hat und die Straße fast trocken ist. So gehen wir gut gelaunt auf unsere letzte Etappe und gelangen zuerst in das wunderschöne Bergdorf Bagolino (778 m). Dort gibt es neue Verpflegung. Weiter geht es über Cerreto hinunter zum Lago d'Idro (388 m) und nach Storo. Landschaftlich finde ich das Tal uninteressant, aber netterweise kommt die Sonne ein kleines bißchen durch die Wolken. Trotzdem sieht das Wetter immer noch durchwachsen aus.
Ab Storo (409 m) beginnt die Auffahrt auf den Tremalzo (ca. 1800 m), auf den ich mich schon die ganzen Tage gefreut habe. Ich habe in den letzten Jahren soviel über diesen Berg gehört und gelesen, dass es fast eine Bildungslücke ist, dass wir noch nie drüber gefahren sind. Ich habe die Route deswegen extra so gestrickt, dass die letzte Etappe hier entlang geht. Die Straße bis zum Passo Ampola (730 m) ist schnell abgehakt. Ab hier wären es über die Straße nur noch wenige Kilometer bis Riva. Wir müssen aber noch einmal fleißig Höhenmeter kurbeln. Mein neuer Alti Höhenmesser findet das so toll, das er prompt aufhört die Kilometer weiter zu zählen (es war die Batterie). Der Anstieg zum Tremalzo ist gemütlich fahrbar. Erst vor wenigen Jahren ist diese Auffahrt geteert worden. Nervig und peinlich sind die mit Bikern vollgeladenen Shuttlebusse, die ständig an uns vorbei fahren. Wer den Tremalzo runter fahren will, sollte ihn auch würdevoll hoch fahren.
Der Tremalzo Scheiteltunnel (1863 m) |
Im Tremalzotunnel |
Blick auf das Val di Bondo und den Gardasee |
Blick vom Tremalzo auf die Abfahrt |
Kurz vor der Passhöhe stopfen wir uns ein letztes mal mit Spaghetti voll und beeilen uns weiterzukommen. Es ist wieder zugezogen und um uns herum hängen die Wolken. Auf dem Weg zum Scheiteltunnel (1863 m) setzt kurz leichter Nieselregen ein. Trotzdem ist die Landschaft mit dem alten Militärweg faszinierend. Hinter dem Tunnel ist es wieder trocken und voller Begeisterung blicken wir nun auf die Schotterpiste, die sich um Felsspitzen herum und durch Tunnels nach unten windet. Das ist also der Tremalzo Downhill. Landschaftlich wirklich ein Highlight, das muss ich sagen. Irgendwie habe ich befürchtet, dass sich hier hunderte von Bikern gleichzeitig zu Tal stürzen, aber es ist nichts los. Bei dem Wetter sicher nicht verwunderlich. Wir haben die Piste fast für uns alleine. Nach vielen Sightseeing Pausen erreichen wir etwas durchgerüttelt den Passo Nota (1240 m). Die Abfahrt bis hier hin ist fahrtechnisch nichts besonderes, aber die Architektur des Weges und die Ausblicke auf den See sind einmalig. Prädikat: empfehlenswert!
Abstieg im Val de Singol |
Sturzflug auf Ruckelpflaster nach Limone (66 m) |
Nun können wir verschiedene Routen nach Limone (66 m) nehmen. Wir fahren weiter zum Passo de Guil, da wir durch das Val Singol hinunter wollen. Der Weg führt fast ebenerdig mit kleinen Zwischenanstiegen am Berg entlang und wir fragen uns, wann es endlich hinunter geht. Wegen ziehender Nebelschwaden können wir nicht richtig erkennen, wo wir uns befinden, aber immerhin trennen uns noch 1200 hm vom See. Plötzlich weißt ein Wegweiser im Wald nach rechts den Abhang hinunter: Limone, 117. Aha, das ist unser Weg. Gemurmel. Nach lockerem Ausrollen sieht das nicht aus. Im oberen Teil ist der Weg für einen normal sterblichen Fahrer mit Alpentourenrucksack eine harte Prüfung. Ich glaube außer mir ist keiner auch nur einen Meter gefahren. Ich habe mich deswegen von den dreien abgesetzt, um mir das Gemotze wieder nicht anhören zu müssen. Landschaftlich schön soll das Tal sein ... Für solche Blicke bleibt kaum Zeit. Alle Konzentration gilt dem Weg. Nach der Hälfte des Abstiegs trifft er auf den 103, wird breiter und ist gepflastert mit RUNDEN Steinen. Es geht jetzt fast senkrecht nach unten. Mit dem Arsch weit hinten und beiden Bremsen auf Anschlag hoppele ich im Sturzflug nach Limone hinunter. Wir können uns glücklich schätzen, dass es trocken geblieben ist, bei Regen dürfte der Weg unfahrbar sein, da man auf diesen Steinen sofort wegrutscht.
Zielphoto in Limone (66 m) |
Warten auf die Fähre nach Torbole (und den Regen) |
Am Hafen warte ich auf die anderen, die einer nach dem anderen kurz nach mir eintreffen. Die bösen Blicke halten sich in Grenzen und beim Zielphoto können (müssen) alle wieder lachen. Der Weg war eigentlich unproblematisch, er war sogar sehr interessant, es hat nur keiner damit gerechnet, dass wir die letzen Höhenmeter auf so eine brutale Art und Weise vernichten müssen.
Hotel Orchidea in Riva |
Obwohl keiner von uns Limone kennt, bleibt uns kaum Zeit, den Zieleinlauf zu genießen. Die ersten Tropfen fallen und es wird bedrohlich dunkel. Was sagte ich noch? Gut, dass es trocken ist? Da haben wir aber Glück gehabt, dass wir nicht mehr auf der Abfahrt sind. Beim Warten auf die Fähre öffnet der Himmel all seine Schleußen und die Fährüberfahrt wird keiner von uns so schnell bergessen. Sinnflutartiger Regen und Windböhen mit Orkanstärke machen die Bootsfahrt zu einem Abenteuertrip. Nur gut, dass unsere Räder nicht von Deck gespült wurden. Bei schönem Wetter ist so eine Fahrt auf dem Gardasee sicher eine tolle Sache, von der Landschaft haben wir aber nichts gesehen. Die letzten Meter von Torbole nach Riva legen wir noch einmal auf dem Rad zurück. Der Regen hat zwar nachgelassen, aber wir sind trotzdem patschnass, als wir das Stammhotel Orchidea am Fuße des Brione erreichen. Zwei müssen in das Kellerzimmer, aber was soll's, ich bin das gewohnt. Das traditionelle abendliche Pizzaessen findet heute zum ersten Mal in einem Restaurant statt und nicht wie üblich im Freien.