Höhenprofil Tag 2
Montag, 26. Juli 2010
Tag 2: Erste Trageorgie
Sestriere - Bousson - Col Bousson - Les Fonds - Col de Malrif - Abries
Start: 09:30 Uhr - Stop: 19:30 Uhr - Kilometer: 50 km - Höhenmeter: +1875 hm / -2350 hm - Maximale Höhe: 2850 m - Schnitt: 7,8 km/h - Max: 62 km/h - Fahrzeit: 6¼h - Temperatur: 10 - 32 C°
Hotel Ovest in Sestriere (2035m) |
Frühstück in Bousson (1419m) |
Abfahrt in Sestriere |
Nach dem Start vernichten wir zunächst einige Höhenmeter auf der Straße, bevor wir im nächsten kleinen Ort eine Geländerad-taugliche Verbindung ins Tal hinunter nach Sauze di Cesana (1557 m) suchen. Das ist trotz GPS-Track nicht ganz einfach, aber letztlich müssen wir einfach nur bergab und finden einen/unseren Weg. Unten angekommen heißt es: Reserven auffüllen, da wir in Sestrière keinen Supermarkt mehr besucht haben. Allerdings müssen wir bereits heute feststellen, dass die Supermarkt-Dichte in den westlichen Alpen nicht das aus den letzten Jahren gewohnte Niveau erreicht. Dies setzt sich in den nächsten Tagen in derselben Weise fort. Die Verpflegung aus dem Rucksack ist deshalb nicht ganz so einfach. Sauze di Cesana bietet keine Einkaufsmöglichkeit, der nächste Ort Rollières auch nicht. Von dort erreichen wir über einen Wiesenweg oberhalb der Straße Bousson, wo es endlich einen winzigen Laden gibt. Es bleibt der einzige an diesem Tag.
Blick zum markanten Mont Chaberton (3131m) |
Ruilles (1653m) im Val del Thùres |
An der Posto Tappa in Thùres (1650m) |
Für den weiteren Weg will ich unbedingt an der Posto Tappa in Thùres (1650 m) vorbei, die mir als Übernachtungsmöglichkeit empfohlen wurde. Diese wäre gestern aber nicht mehr zu erreichen gewesen. Ein kurzer Blick kann aber nicht schaden und zusätzliche Höhenmeter sind auch keine nötig. Bei der Auffahrt können wir zudem ein paar imposante Blicke auf den westlich gelegenen Mont Chaberton (3131 m) mit seinem markanten Fort an der Spitze werfen, der auf Mountainbiker eine magische Anziehung auszustrahlen scheint. Eine Auffahrt ist im Rahmen eines Alpencrosses allerdings völlig sinnfrei, und so belassen wir es bei ein paar Fotos. Auch die Posto Tappa wird im Foto festgehalten und sie sieht wirklich urig gemütlich aus. Wir fassen etwas Wasser am Brunnen und setzen unseren Weg nach Ruilles fort. Kaum zu glauben, dass dieser morbide Häuserhaufen tatsächlich noch bewohnt ist.
Brücke bei Ruilles (1653m) |
Lago Nero (2014m) |
Lago Nero (2014m) |
Wir machen am Bach unter einer Brücke erst mal Frühstückspause. Etwas gestärkt kämpfen wir uns danach bergauf auf einer miesen steilen Waldpiste bis zum verlassenen Chabaud (1918 m), und folgen ab dort einem Höhenweg hinüber zum Lago Perso und Lago Nero (2014 m). Der See scheint wieder ein beliebtes Ausflugsziel zu sein. Er liegt sehr schön in der Sonne und nicht versteckt zwischen Bäumen, wie ich es erwartet hatte. Die Wegfindung ist nun nicht ganz einfach, das Gelände aber halbwegs übersichtlich. Wir wählen einen Weg nördlich des Sees und erreichen nach einiger Zeit teils schiebender-, teils fahrenderweise eine Graskuppe, die durchaus der Col Bousson (2162 m) sein könnte. Sicher bin ich mir zwar nicht, aber alle Wege führen hier nach Frankreich. Zu unseren Füßen steht ebenfalls ein kleiner Grenzstein, der die Landesgrenze kennzeichnet. In Richtung Osten können wir noch einmal Sestrière erkennen, den heutigen Start.
Ankunft am Col Bousson (2162m) |
Col Bousson (2162m) |
Abfahrt ins Val de la Cerveyrette |
Nach einer kurzen gemütlichen Pause rollen wir den flauschigen Wiesentrail hinunter bis in den Talgrund (1900 m) und auf einem Sträßchen bis nach Le Fonts (2040 m), dem für heute geplanten Tagesziel. Die Hütte liegt jenseits der Baumgrenze idyllisch an einem Bach, ein schönes Ziel. Sie steht dort fast ein bisschen auf dem Präsentierteller. Dumm, dass es noch früher Nachmittag ist. Wir lassen das Häusschen deshalb links liegen und starten noch den Aufstieg zum Col Malrif (2857 m), ohne zu wissen, was uns erwartet. „Das sind doch nur noch 800 hm“.
Aufstieg von Le Fonds zum Col Malrif |
Letzte Meter zum Col Malrif |
Auf dem Weg zum Col Malrif |
Die Wahl des Col Malrif kam bei der Planung der Tour erst ziemlich spät ins Programm. Die meisten Westalpencrosse queren über Col Thuras oder Col Mayt. Ich kann diese nun nicht vergleichen, aber der Malrif ist ein harter Brocken. Doch es lohnt sich. Beim Aufstieg geht es häufig ohne große Steigung nach oben, weshalb wir kaum Höhe gut machen. An Fahren ist dennoch kaum zu denken, das Rad befindet sich meistens auf dem Rücken. Kurz vor Schluss noch eine schöne geröllhaltige Rampe, dann ist es vollbracht. Derzeit gehört dieser Pass unter die Top 3 der anstrengensten Aufstiege, die ich kenne. Ein Kaliber à la Surenen (siehe Schweiz-Cross) war es aber zum Glück nicht. Zeitlich sind wir gerade noch im grünen Bereich und es kommt ja „nur“ noch eine Abfahrt.
Am Col Malrif (2857m) |
Abfahrt vom Col Malrif |
Abfahrt vom Col Malrif |
Doch diese hat es in sich. Die ersten Meter sind nur etwas für Marc, aber bald können auch Thomas und ich wieder fahren. Anfangs ist alles wie erwartet, steile ausgesetzte Stücke, Schneefelder, einladende Bergseen. Das meiste davon ist fahrbar und alles vor traumhafter Bergkulisse. Aber jedesmal, wenn wir damit rechnen, dass der Weg nun zu Ende sein müsste, geht es um die nächste Ecke einfach so weiter. Es geht tiefer und tiefer, alles auf Trail. Auch im Wald ändert sich nichts daran. Natürlich kostet die Orgie viel Zeit und der Tag neigt sich langsam dem Ende. Völlig erschöpft vom Abfahren erreichen war nach 1300 hm den Ort Abriès (1500 m). Das war wirklich ein Holy Trail, der auch den harten Aufstieg vergessen lässt oder besser gesagt rechtfertigt.
Die Gite d'Etape finden wir leider nicht direkt und insgesamt gestaltet sich der ganze Abend nun etwas hektisch. Ich mag es überhaupt nicht, erst so spät am Ziel zu sein. Essen, Duschen, Waschen, da bleibt für gemütliches Zusammensitzen kaum was übrig. Die Wirtin hat es wohl auch lieber, wenn ihre Gäste zeitiger einchecken. Sonst ist die Gite d'Etape aber eine gute Adresse, die ich weiterempfehlen kann.
Abfahrt vom Col Malrif |
Abfahrt vom Col Malrif |
Noch ein paar Worte zu meiner leidigen alten Magura Martha Bremse. Auf den Abfahrten habe ich fürchterliche Probleme mit der Vorderradbremse, die mich auch schon gestern genervt hatten. Die Bremse zieht im Laufe der Zeit immer etwas Luft, besonders bei größeren Luftdruckunterschieden, und ich muss seit dem Start in Susa mächtig am Griff pumpen um überhaupt Bremsleistung zu bekommen. Das schmälert den Spaß deutlich und sorgt für zusätzliche Spannung. Ein Teil der Schuld trifft mich selbst, liegt die letzte Entlüftung schon über ein Jahr zurück. Dennoch sind die Probleme bei dieser Bremse systembedingt.