Höhenprofil Tag 5
Donnerstag, 07. Juli 2022
Tag 5: Der nächste lange Tag
Baisse Barrot - Collet de la Vigude - Gorges du Cians - Col de la Sinne - Ilonse - Valdeblore
Start: 08:45 Uhr - Stop: 18:45 Uhr - Kilometer: 60 km - Höhenmeter: +2200 hm / -2475 hm - Maximale Höhe: 1960 m - Schnitt: 8,8 km/h - Fahrzeit: 6:50 h
Nach dem obligatorischen Supermarktbesuch verlassen wir Valberg (1680 m) ...
... und kreuzen das kleine Skigebiet.
Der Ort liegt schon ziemlich hoch für die Provence. Viel Luft für ein Skigebiet ist da dann nicht mehr.
Das Ziel für heute morgen sind die Roten Erden (Terre Rouge) am Dôme de Barrot. In einer Senke verlassen wir die ausgebaute Piste und setzen den Weg auf einem unscheinbaren Pfad fort. Zunächst schiebend, später aber auch bequem fahrend.
Der Aufstieg endet an einem namelosen Pass (1960 m), wo von der roten Erde noch nicht viel zu sehen ist. Der Ausblick geht dafür bis zum Mittelmeer, das irgendwo hinten im Dunst unter den Wolken liegt.
Dann wollen wir mal runtertrailen.
Noch lässt sich das Wegelchen fahren.
Und rote Erde haben wir nun auch.
Aber der Spaß ist sehr begrenzt. Das Gelände hängt so schief, dass wir uns häufig neben den Rädern befinden.
Natürlich gibt es auch fahrbare Abschnitte. So richtiger Flow ist es aber nicht. Mehr oder weniger weglos versuchen wir beide hinunterzukommen. So schöne Markierungen wie in den vergangenen Tagen gibt es hier nicht.
Sieht schon toll aus mit diesen Farben. Aber zum Radfahren muss man nicht extra her kommen.
Am Collet de la Vigude (1595 m) beginnt dann ein richtiger Weg und es rollt nun deutlich besser.
Auf diese Abfahrt hinunter in die Gorges du Cians bin ich sehr gespannt. Die war ja als Holy Trail beworben.
Insgesamt gesehen schon geil die Abfahrt ...
... man muss aber Zeit mit bringen. Es dauert lange, sehr lange. Bis zum zum Talgrund wollen 1.000 hm vernichtet werden. Und es ist steil, teilweise sehr steil. S2 bis S3. Schöne Flowstücke wechseln sich ab mit Steilstufen und wenigen Gegenanstiegen.
Die Franzosen haben da auch einen gewissen Humor, wenn der Pfad eine schwierige bis gefährliche Stelle überwindet.
Wir können nicht alles fahren. Irgendwann fragt man sich auch, wann das Tal wohl ein Ende hat. Mit Geduld kann man den Trail sicher bis unten zelebrieren, uns reicht es ab einem gewissen Punkt aber. Als wir nahe des Talgrundes auf eine Straße treffen, sparen wir uns die letzten Trailmeter.
Hammer. Ganze 2 Stunden haben wir nun für diesen Pfad gebraucht. Alleine die Landschaft in dem komplett einsamen Tal war es wert. Der Weg fordert den Radler aber ganz ordentlich.
Nun stellt sich ein Problem dar. Wo gibt es Wasser? Wir stehen im Nichts. Ohne Wasser in diesem Hitzekessel wird sehr unangenehm werden. Nur die kleine Straße und sonst nichts, fast nichts. Ein Häuschen steht da ja schon. Vielleicht können wir dort nach etwas Wasser fragen.
Das müssen wir aber gar nicht. Die Einfahrt ist offen und wir übersehen einfach mal das Schild, dass es sich um Privatgelände handelt, denn ich sehe bereits einen Gartenschlauch an einem Wasserhahn. Wir machen alles mit Wasser voll, was geht. Lange reichen wird das sowieso nicht.
Da unten ist das Haus noch mal zu sehen. Ich könnte ja eine Flasche Wein hinschicken, zum Dank ...
... ansonsten sehen wir von der Gorges du Cians eigentlich nix. Die Schlucht wäre wohl noch ein Stück talaufwärts. Wir kreuzen hier nur, und orientieren uns weiter nach Osten zum Col de la Sinne.
Schön ist es aber auch hier.
Und die Straßenbaukünste sind ebenfalls sehr ansprechend. Erinnert mich an meine Kindheit im Sandkasten.
Die Straße ist sowieso von der besonders angenehmen Sorte. Scheint eine absolute Nebenstrecke zu sein. Ich glaube, wir haben zwei Autos gesehen.
Der nächste Stopp ist in Pierlas (1070 m).
Dort ist die Wassersuche einfacher. Es gibt sogar eine Gîte, die uns mal was anderes serviert, als Brunnenwasser. Wir hätten besser auch was gegessen, aber der Rucksack ist ja noch voll.
Die Pause war auch nötig, weil mein Vorderrad akuten Druckabfall meldet. Der Versuch, das Loch ausfindig zu machen, scheitert. Es zischt überall. Nachdem ich wenigstens drei Löcher identifiziert habe, gebe ich dem Schlauch den letzten Segen.
Frisch beschlaucht verlassen wir den netten Ort ...
... und erreichen den Col de la Sinne (1438 m). Eher unspektakulär.
Interessanter wird es auf der Abfahrt. Dort liegt der Ort Ilonse (1190 m), ein ganz besonderes Kleinod. Ich hatte sogar in Erwägung gezogen, hier zu übernachten, das hätte aber nicht gepasst.
Bis runter an die Tinée sind noch mal 700 hm zu absolvieren. Da wir bereits ziemlich geschafft sind, am besten so einfach wie möglich. Die Straße muss es allerdings nicht sein. Der Weg über Lou Pous sieht auch überschaubar aus und sollte etwas mehr Fahrspaß bieten.
Die Erwartung war dann leider zu hoch. Der Trail ist ein alter Maultierweg, teilweise vollgeschüttet mit fetten Steinen und teilweise uraltes Rüttelpflaster. Kann man machen (und fahren), der Spaß ist aber begrenzt. Ich bin froh, als wir dann doch die Straße erreichen und bis zur Tinéebrücke (430 m) runter rollen können.
So tief waren wir in dieser Woche noch nie, und bleiben es auch nicht. Das Tagesziel in Valdeblore Saint-Dalmas liegt wieder 900 Meter höher. Oha. Das wird wieder stramm. Leider ist die Straße nun deutlich stärker befahren.
Bei der Auffahrt bedaure ich, dass wir kein richtiges Mittagessen hatte. Gerade an langen Tagen ist das einfach sinnvoller, als etwas Supermarktkost aus dem Rucksack. Ein kurzer Futterstopp in La Bolline hilft kurzzeitig aus dem tiefsten Loch, trotzdem bewältige ich die letzten Meter nach Saint-Dalmas (1300 m) bis zur Gîte les Marmottes wieder mal im Notbetrieb. Ich habe fertig. Genau wie Dirks zweiter Schuh, der im Laufe des Tages ebenfalls den Dienst quittiert hat.