Höhenprofil Tag 1
Montag, 13. September 2021
Tag 1: Bergauftag
Pont-Saint-Martin - Hône-Bard - Pontboset - Camporcher - Rifugio Dondena
Start: 13:00 Uhr - Stop: 18:30 Uhr - Kilometer: 32 km - Höhenmeter: +1875 hm / -70 hm - Maximale Höhe: 2150 m - Schnitt: 7,7 km/h - Fahrzeit: 4:10 h
Zugfahrt in Corona-Zeiten |
Hotel Terminus in Orsières |
Die Alpen stehen nicht vor (meiner) Haustür. Deshalb wieder ein paar Zeilen zur An- und Abreise. Besonders der erste Teil gestaltet sich bei einer Süd-Nord-Route etwas aufwändiger: Am schnellsten kommt man via Martginy und über den Großen Sankt Bernhard ins Aosta-Tal. Ein Zugverbindung gibt es dort aber nicht. Da ich keine direkte Busverbindung von Martigny nach Aosta bekommen hatte, sind wir gestern am späten Nachmittag noch mit der Schweizer Regionalbahn bis nach Orsières übergesiedelt, wo wir Zwischenstation gemacht haben. Heute morgen hat uns der Sankt-Bernhard-Express dann fix zum Pass gebracht, von wo wir bei bestem Wetter mit den Rädern über die Straße nach Aosta hinuntergestürzt sind; immerhin fast 2.000 hm. Ich war ja nun schon häufiger am Sankt Bernhard, immer bei bestem Wetter. In ein paar Tagen haben wir in der anderen Richtung erneut die Chance, denn auch die geplante Tour führt hier entlang. Ab Aosta dann noch mal ein Stück Regionalbahn und nun stehen wir um die Mittagszeit endlich am offiziellen Startpunkt: Pont-Saint-Martin (310 m). Ganz unten im Aosta-Tal und damit am Südende der Alpen. Wichtig für eine Überquerung :)
Expresszustellung |
Grand Saint Bernard |
Zwischenstop in Aosta |
Römische Features am Wegesrand |
Die nächsten beiden Tage spielen sich südlich des Aosta-Tales ab. Dort ist der Gran Paradiso (4.061 m) der Chef. Ein tolle Bike-Region, wo man auch in 3.000 Metern Höhe noch sinnvoll Radeln kann. Nur hoch kommen muss man erst mal. Die heutige Etappe durch das Val Camporcher ist deshalb eigentlich nur ein Zubringer für den zweiten Tag, nämlich den Coll dell'Invergneux. Dafür hat sie einen ganz besonderen Charakter, es geht nur bergauf. Wie lange, ist uns überlassen. Erste Übernachtungsmöglichkeit sollte es in Camporcher (1420 m) geben, aber auch weiter oben gibt es noch zwei Hütten. Also mal los. Etwas Verpflegung brauchen wir allerdings noch. Das wird bereits zum kleinen Problem. Auf den ersten Metern vom Bahnhof in Pont-Saint-Martin nach Hône-Bard gibt es keinen geöffneten Supermarkt. So gehen wir mit den letzten Resten des Reiseproviants in den Anstieg.
Festung von Hône-Bard |
Querung der Dora Baltea bei Hône |
Wasserfassen in Pontboset |
Durch Hône sind Thomas und ich vor genau 10 Jahren schon mal durch gefahren. Damals kamen wir das Val Camporcher hinunter. Erinnerungen sind eher keine vorhanden. Bis auf die große Festung von Bard, an die ich mich noch gut erinnern kann. Auf der kleinen und zum Glück wenig befahrenen Straße ins Tal hinein gewinnen wir schnell an Höhe. Trotz der fortgeschrittenen Jahreszeit knallt die Sonne ordentlich rein und hätte mich fast vom Rad geholt. Eine kleine Dusche aus der Radlflasche hält mich am Leben. In Pontboset (780 m) entspannt sich die Situation, denn es gibt einen Brunnen. Und wir sind nicht die einzigen Sportler vor Ort. Zum ersten Mal werden wir auf die vielen Fähnchen am Wegesrand aufmerksam und Läufer, die vereinzelt zu sehen sind. Dazu später mehr.
Als wir Camporcher (1420 m) erreichen, sind wir ziemlich ausgelaugt. Es gibt zwar wieder einen großen Brunnen, doch das fehlende Mittagessen macht sich deutlich bemerkbar. Ein Übernachtung scheidet trotzdem aus, denn das Hotel im Ort hat geschlossen. Die Hauptsaison ist vorbei. Von der Zeit her wäre es vielleicht auch noch zu früh. Zu unserem Glück hat eine kleine Bar geöffnet, wo wir am Nachmittag wenigstens ein paar Sandwichs bekommen. Man ist dort auch so freundlich, für uns ins der Rifugio Dondena (2190 m) anzurufen. Die nächste Übernachtungsmöglichkeit. Noch mal fast 800 hm. Da muss sicher sein, dass wir einen Übernachtungsplatz haben. Grundsätzlich ist es natürlich sinnvoll, das gute Wetter zu nutzen und so weit wie möglich zu fahren.
Piste zur Rifugio Dondena |
Rifugio Dondena (2190m) in Sicht |
Der Weg wechselt auf Schotter und schraubt sich weiter das sehr schöne und nur dünn besiedelte Val Camporcher hinauf. Die Baumgrenze lassen wir dabei bereits hinter uns. Die tiefer stehende Sonne und einige Wolken tauchen die Szenerie in ein mystisches Licht. Ich bin allerdings froh, als ich endlich die Hütte erspähen kann. Es reicht für heute. Die letzten Meter lassen sich auch nur noch schiebenderweise erledigen. Alleine sind wir dabei nicht. Die Zahl der Läufer, die wir sehen, hat immer weiter weiter zu genommen. An der Rifugio ist dann auch einiges los. Es ist ein Kommen und Gehen, anscheinend eine Versorgungsstation.
Wir beziehen unser Zimmer, das sogar über eine Dusche verfügt. Die Freude verfliegt aber schneller, als sie kam. Warmes Wasser gibt es nämlich nicht. Wer bitte baut eine Dusche ein, wenn es kein warmes Wasser gibt? Ob das an anderen Tagen anders ist, erfahren wir nicht. Von frühen Touren kenne ich so etwas, in der heutigen Zeit ist es zumindest ungewöhnlich. Bekanntlich kommen ja nur die Harten in den Garten und irgendwie geht es, aber gesund fühlt sich das Bergwasser nicht an. Ich bin jedenfalls froh, als ich die Prozedur ohne bleibende Schäden hinter mir habe.
Hüttenromantik ala Rifugio Dondena |
Den Abend teilen wir die Gaststube mit zahlreichen Gebirgsjoggern. Viel Sitzfleisch haben diese sowieso nicht. So langsam erfahren wir auch, um was es sich handelt. Es ist die Tour de Geants. Ein 6-tägiges Rennen rund ums Aosta-Tal, bei dem die Läufer praktisch non-stop unterwegs sind. Insgesamt ca. 300 km im Hochgebirge, bei jedem Wetter. Und so geht es die ganze Nacht weiter. Durchs Fenster können wir die Scheinwerfer der Stirnlampen sehen. Mit Ohrstöpseln schläft es sich trotzdem einigermaßen gut.