Dienstag, 22. August 2000
Tag 10: Endspurt
Rifugio Filtzi - Etschtal - Lago di Cei - Passo Bordala - Rifugio Monte Velo - Arco - Riva
Start: 9.00 Uhr - Stop: 16.00 Uhr - Kilometer: 74 km - Höhenmeter: 1300 hm - Schnitt: 14,7 km/h - Max: 67,4 km/h - Fahrzeit: 5,0 h
Ich bin heilfroh, als wir unsere "Hütte" verlassen, denn auch das Frühstück in dieser eigentümlichen Behausung war grausig. Zunächst hat es so ausgesehen, als ob es gar nichts zu futtern gibt. Doch nach ein paar fragenden Blicken zwischen der Wirtin und uns, hat sie wohl gemerkt, dass wir noch etwas essen wollen. Sie hat dann tatsächlich etwas hingestellt, aber es taugte nicht viel. Die Krönung war ein total verschimmeltes Marmeladenglas, was ich aber erst nach meinem zweiten Brot bemerkt habe. Na danke, der Tag war schon gelaufen, bevor er angefangen hat.
Die nun anstehende 1400 m hohe Abfahrt ins Etschtal (189 m) wird sicher helfen, dieses Erlebnis schnell wieder zu vegessen. Wir beginnen mit grobem Schotter, auf dem mir schon nach wenigen Metern die Handgelenke so stark schmerzen, dass ich fast anhalten muss. Alexander und Lars ziehen mühelos an mir vorbei, Vollfederung sei dank. Auf Teer hole ich mir wieder die Führung zurück. Vor jeder Serpentine muss man so spät wie möglich bremsen und sich dann voll in die Kruve legen, um keinen Vorsprung zu verlieren. Natürlich muss man auch dabei so fahren, dass bei einem entgegenkommenden Auto genug Luft zum Reagieren ist. Vor einer Kurve verschätzt sich Lars ein wenig und legt eine Vollbremsung hin, es passiert aber nichts. Als wir uns unten bei Volano (189 m) wieder versammelt haben, bin ich froh, dass alle hinter mir heil angekommen sind. Karsten kam als letzter und ist ähnlich froh, dass auf keinem Auto, das ihm entgegen kam, einer von uns auf dem Kühler geklebt hat.
Von Savignano zum Lago di Cei |
Klamotten aus und weiter. Wir wollen vor der großen Mittagshitze so viele Höhenmeter wie möglich machen. Nach kurzem umherirren in den Weinbergen an der Etsch gelangen wir nach Nomi und Pomarolo (198 m), wo es losgeht. Schon die ersten 300 hm nach Savignano (470 m) saugen alle Reserven aus den nach 8 Tagen etwas müden Beinen. Trotz aller Eile brennt die Sonne bereits unbarmherzig und treibt uns das Wasser aus dem Körper. Da ich diesen Anstieg vor drei Jahren schon gefahren bin, weiß ich, was mich erwartet und teile mir meine Kräfte so gut es geht ein. Auf dem sich anschließenden Waldweg, auf dem wir teilweise sogar schieben müssen, merke ich, dass die Motivation heute stark gebremst ist und es gibt ein paar Meinungsverschiedenheiten. Karsten hat auch noch Probleme mit seiner Schaltung und kann vorne das kleine Ritzel nicht mehr fahren, da sich dort die Kette verhakt. Es ist erstaunlich, welche Steigungen er auf dem mittleren Zahnrad noch hochtreten kann.
Die letzten Meter vor dem Lago di Cei (916 m) fahren wir wieder auf Teer. Die Hitze ist erträglich, denn es geht weiter durch den Wald und am Wegrand gibt es einen Brunnen, an dem ich meine leere Trinke auffüllen kann. Oben (kurz vor dem See) machen wir erst mal eine kurze Pause, um dann am Lago ohne Anzuhalten vorbeizudüsen. Unsere Versuche, dort vor drei Jahren etwas zu Essen zu bekommen waren kläglich, also lassen wir es diesmal gleich bleiben. Mittag gibt es erst am Passo Bordala (1253 m). Die Strecke dorthin zieht sich wie damals sehr in die Länge. Die Sonne und der Hunger nagen an meinen Kräften. Am Pass sammle ich das Feld wieder auf und wir futtern endlich unsere hochverdienten Spaghetti. Da wir fast alle unsere heutigen Höhenmeter hinter uns haben, ist die Stimmung wieder besser.
Zielfoto in Riva |
Den Waldweg zur Rifugio Monte Velo (1020 m) finden wir heute ohne Probleme. Vor drei Jahren haben wir uns hier hefitg verfahren, was uns am letzten Tag viel Zeit und Nerven gekostet hat. Ab Monte Velo ist der Gardasee fast schon zu riechen. Es gelingt es uns aber nur mit Mühe Lars zu überreden, nicht direkt nach Arco hinunter zu fahren, sondern noch den Schlenker entlang des Monte Stivo mit uns mitzukommen. Dass er dort weitere 100 Höhenmeter fahren muss, habe ich weitgehend verschwiegen. Er fand das offenbar weniger lustig. Nach den fast 1100 m Schotterabfahrt bis Arco und unserem Zieleinlauf in Riva ist das aber alles vergessen. Wir haben es mal wieder geschafft!
Außer mir werden alle drei bereits von ihren Freundinnen erwartet und haben deshalb ihre Übernachtungen im Voraus gebucht. Ich bekomme nach einigem Hin und Her noch ein Zimmer im Hotel von Lars und Alexander, in dem wir auch letztes Jahr schon übernachtet haben.
Der Abend in Riva verläuft wie üblich. In der Nähe des Glockenturms sitzen wir in einem Restaurant am Hafen, futtern Pizza und trinken Wein. Das Wetter ist immer noch super. Nach einem ausgedehnten Badetag in Riva trete ich am Morgen des 24. August alleine die Heimreise mit dem Zug ab Rovereto an, weil alle anderen noch ein paar Tage Urlaub am See verbringen wollen. Ich habe zum ersten mal probiert, tagsüber mit dem Zug nach München zu gelangen, was mit den Regionalbahnen problemlos möglich ist. Trotz mehrmaligem Umsteigens ist es stressfreier, als der überfüllte Nachtzug, den wir sonst genommen haben.