Mittwoch, 16. August 2000
Tag 4: Über den Krimmler Tauern
Krimmler Tauernhaus - Krimmler Tauern - Kasern - Sand in Taufers
Start: 8.15 Uhr - Stop: 17.15 Uhr - Kilometer: 49 km - Höhenmeter: ca. 1050 hm - Schnitt: 10,1 km/h - Max: 62,2 km/h - Fahrzeit: 5 h
Die Nacht im Massenlager hat mich geschafft, denn ich habe mir erst viel zu spät Ohropax in die Ohren gestopft. Wie in einem Lager üblich, sind wir außerdem früh wach und nicht richtig ausgeschlafen. So kommt es, dass wir beim Aufbruch meine beiden Kartenspiele im Schuhtrockenraum liegen lassen (was ich erst am nächsten Tag festgestellt habe). Wenn dort mal jemand 'Bohnanza' spielt, ist das bestimmt meines :)
Das Tal liegt im Schatten und es ist eisig kalt. Wir fahren noch einige Meter flach weiter und haben dabei einen fantastischen Blick auf die Nordgletscher des Alpenhauptkamms. Der Wirt des Tauernhauses hat uns empfohlen den Weg über den Krimmler Tauern (2633 m) zu nehmen, der sei einfacher zu überqueren als die Birnlücke (2667 m). Also verlassen wir das Tal und fahren nach Westen ins Windbachtal, wo es gleich steil bergan geht und die Kälte schnell vergessen ist.
Ende des Fahrweges zum Krimmler Tauern an der Windbach Alm |
Trail in den Krimmler Tauern (2) |
Trail in den Krimmler Tauern (1) |
Ich habe von Alpenüberquerungen gelesen, die über die Birnlücke gegangen sind, was wir vielleicht auch besser gemacht hätten. Ich kann zwar keinen Vergleich anstellen, aber der Tauern war eine ganze Menge Arbeit. An der Windbachalm endet der Weg und die sich anschließenden 800 hm lassen sich nur mit viel Phantasie ab und zu für ein paar Meter im Sattel bewältigen. Das Tal ist aber wirklich herrlich und die Einsamkeit gegenüber gestern Nachmittag eine Wohltat. So liebe ich die Alpen.
Aufstieg zum Krimmler Tauern |
Daniel vor Schneeresten |
Nur noch ein paar Meter bis zum Übergang (2) |
Nur noch ein paar Meter bis zum Übergang (1) |
Da wir fast ausschließlich Schieben, muss ich die Truppe ab und zu mit gutem Zureden motivieren, damit wir weiterkommen. Die Landschaft wird immer lebensfeindlicher. Die Wiesen weichen vor großen Geröllfeldern und kurz vor dem Grat liegen noch ein paar Schneefelder. Als wir oben sind ist früher Mittag und nun sind wir auch nicht mehr die einzigen. Etliche Wanderer haben sich bereits eingefunden und blockieren den windgeschützen Holzunterstand, denn ein eisiger Wind weht über den Grat herüber.
Auf dem Alpenhauptkamm am Krimmler Tauern (2633 m) (1) |
Auf dem Alpenhauptkamm am Krimmler Tauern (2633 m) (2) |
Superpanorama auf dem Alpenhauptkamm |
Im Passbuch mache ich eine interessante Entdeckung. Am Vortag befindet sich ein Eintrag von einem Team von der Bike, das gerade eine Venedigerumrundung macht. Die Tourbeschreibung dazu gibt es direkt bei Bike & Board, die diese Tour für die Bike gefahren sind, oder in der Januarausgabe 2001, in der ich mit Begeisterung viele Bilder wiedererkannt habe. Im Gegensatz zu diesem Team überqueren wir den Tauern allerdings von Norden nach Süden.
Der Abstieg nach Italien sieht schon von oben vielversprechend aus. Wir beginnen ihn so, wie wir hinaufgekommen sind, nämlich schiebend. Ein wenig Unmut macht sich breit. Mit einer Mischung aus Schieben und Fahren vernichten wir alle Höhenmeter, die wir am Morgen hinaufgestiegen sind, allerdings sind jetzt ziemlich viele Wanderer im Weg.
Als wir unten sind (1671 m) wird an der ersten Alm Mittag gemacht. Sommerliche Temperaturen haben uns wieder. Viel liegt nun nicht mehr vor uns. Bis zum geplanten Ziel Sand in Taufers (862 m) geht es noch 800 hm auf der Straße hinunter. Da können wir die restlichen Kilometer im Nu runterkurbeln. Allerdings müssen wir noch eine Übernachtung suchen und das erweist sich heute als ungemein schwierig. Bei einer Adresse, die ich von Bekannten habe, ist nichts mehr für uns frei, und bei den Adressen aus der Touristinfo gibt es auch nichts mehr. Bis Brunneck will keiner mehr fahren, denn die Sonne, die uns bisher so verwöhnt hat, ist hinter dunklen Wolken verschwunden und es kann jede Minute anfangen zu regnen. Na gut, dann ist hausieren angesagt. Wir fahren weiter und fragen bei jeder Gelegenheit nach einer Übernachtung. Unverschämt begegnet uns eine Wirtin, die ein 'Zimmer frei' Schild offenbar zur Deko aufgehängt hat. Es ist nämlich nichts mehr frei.
Nach diesen entäuschenden Erlebnissen nimmt der Abend für uns aber doch ein Superende. In Taufers (zwei km hinter Sand) hat eine Hotelbetreiberin zwar kein Zimmer frei, aber eine Freundin könnte uns bestimmt ein Appartment vermieten. Essen dürfen wir natürlich im Hotel. Das Ganze gibt es dann noch zu einem Superpreis. Ich glaub, der Abend verlief nicht weniger fürstlich als unsere 3 Sterne Nacht im letzten Jahr. Allerdings waren wir nach einigen Flaschen Rotwein doch ziemlich betrunken. Am Rande kann ich noch erwähnen, dass es direkt nach dem Bezug unseres Appartment draußen zu Schütten anfängt. Der erste Regen der Tour, aber er hat uns nicht erwischt. Zum Glück. Total verschlammt hat man noch weniger Chancen, eine brauchbare Bleibe zu finden. Mein heutiges Fazit: niemals Mitte August in den Tiroler Alpen Biken gehen.