Freitag, 18. August 2000
Tag 6: Passo Pordoi und Val Duron
Rifugio Fanes - Rifugio Pralongia - Passo Pordoi - Canazei - Val Duron - Tierser Alpl Hütte
Start: 8.00 Uhr - Stop: 18.30 Uhr - Kilometer: 63 km - Höhenmeter: 2400 hm - Schnitt: 9,7 km/h - Max: 62,4 km/h - Fahrzeit: 6,5 h
Unsere bescheidene Notunterkunft an der Rifugio Fanes |
Aufbruch vor der Rifugio Fanes in der frühen Morgensonne |
Große Fanes Alpe (2) |
Große Fanes Alpe (1) |
Das Gewitter ist verschwunden und keine Wolke trübt die Sicht. So können wir beim Frühstück in der Rifugio einen wunderschönen Sonnenaufgang beobachten. Wir fahren auch früh los, weil wir eine lange Etappe mit drei Anstiegen vor uns haben. Nach ein paar Metern zum warm werden sind wir am Limojoch (2172 m), wo wir einen guten Rundumblick haben. In der Morgensonne sieht die Landschaft herrlich aus.
Abstieg ins Val di S. Cassiano |
Blick auf die Sella Gruppe |
Viele Touren gehen von hier aus weiter nach Cortina d'Ampezzo, wir biegen aber rechts ab und durchqueren fast ebenerdig die Große Fanes Alpe, an deren Ende (ab Col Locia (2069 m)) man 300 hm hinunterschieben muss ins Valle di S. Cassano. Dabei bietet sich ein sagenhafter Blick auf den Sellastock, an dem wir heute noch via Passo Pordoi vorbei fahren werden. Zunächst müssen wir allerdings den Anstieg zur Rifugio Pralongia (2109 m) meistern, und ich weiß nicht, ob wir dabei den optimalen Weg erwischt haben. Wir sind an der Albergo Valparola (ca. 1650 m) abgebogen und mussten kurz vor der Pralongia kräftezehrend einen Kilometer über eine Wiese fahren.
Wir tanken kurz Wasser und fahren direkt weiter. Die ersten Meter der Abfahrt sind schön steil und machen richtig Spaß, aber leider bekomme ich im Wintersportort Arabba (1602 m) die Folgen des Vergnügens spüren. Mein Vorderreifen ist total platt. Da ich keine Lust zum Flicken habe und wir dafür auch keine Zeit haben, pumpe ich ihn einfach wieder auf. Die Luft hält ersatunlich gut, nur zwei weitere Male muss ich an diesem Tag noch nachpumpen.
Auffahrt zum Passo Pordoi |
Auf geht's Richtung Passo Pordoi (2242 m). Die paar Meter Waldweg parallel zur Passstraße meidet man besser, sie haben uns nur Nerven gekostet, und die Stimmung ist wegen der zu fahrenden Höhenmeter schon seit heute Morgen nicht die beste. Als wir wieder auf der Straße sind, fährt dann jeder für sich alleine bis wir uns an der Passhöhe wiedertreffen. Inmitten hunderter Motorradfahrer nehmen wir unser Mittagsmal ein.
Nach der berauschenden Abfahrt über die Passstraße nach Canazei und Campitello (1448 m) ist die Stimmung wieder besser. Wir haben "nur" noch einen Anstieg vor uns und es ist erst früher Nachmittag. Lust auf die nun folgenden 1000 hm Anstieg hat aber keiner so recht. Doch wir sind ja nicht zum Vergnügen hier. Also rufe ich bei der Tierser Alpl Hütte (2441 m) an und bereite sie auf unsere Ankunft vor. Dann beginnen wir den Aufstieg durch das Val Duron. Die Piste ist gut, aber viel zu steil (schätzungsweise 35 Prozent) und bei mir ist Schieben angesagt. Ich spüre wieder schlechte Laune in der Gruppe. Es wird kaum ein Wort gesprochen. Auf der Karte war aber nicht zu erkennen, dass sich die 1000 m auf wenige Anstiege verteilen, während der Rest des Weges fast ebenerdig verläuft.
Am Ende des Valle di Duron |
Letzte Meter zum Passo Duron (2204 m) |
Die Schatten der Berge werden immer länger, als wir das Talende auf 2000 m erreichen. Ich pumpe noch einmal meinen Reifen auf. Bis zur Unterkunft liegen immer noch 400 m vor uns, die hauptsächlich geschoben werden wollen. Kurz nach dem Passo Duron (2204 m) kündigt sich die Hütte dann endlich durch ein Windrad an. Der Weg ist jetzt betoniert, erreicht aber (geschätzte) 40 Prozent Steigung. Ganz langsam setzen wir in der dünnen Luft einen Fuss vor den anderen. Lars kann nicht mehr weiter. Er hat sich am Krimmler Tauern eine Blase gelaufen, die mittlerweile gigantische Ausmaße angenommen hat, und er bleibt mit Alexander zurück.
Als ich die Hütte vor mir erblicke, bin auch ich heilfroh. Karsten läuft noch einmal zurück, um den beiden anderen zu helfen. Sie treffen 15 Minuten später mit einem humpelnden Lars an der Hütte ein. Gerade noch rechtzeitig, um etwas zu Essen zu bekommen. Es ist wieder einmal brechend voll und mir graut schon vor der Nacht. Die Lager sind mit 8 Betten zum Glück etwas kleiner, aber furchtbar eng. Es erfordert ein wenig Erfindungsgeist, damit wir alle Klamotten aufhängen können. Lars bekommt von einem Wanderer ein Spezialpflaster für seine Blase und ich mache mich an meinem Vorderrad zu schaffen. Dabei komme ich doch etwas ins Staunen. Bei der Suche nach einem Loch bekomme ich kein Gramm Luft in den Schlauch hinein. Er ist rundherum mit Zentimeter langen Löchern verziert, verschmort durch die zu heiße Felge von heute morgen. Dabei ist er offenbar so perfekt am Mantel festgepappt, dass fast keine Luft hinaus konnte.
Beim Bier lassen wir auch diesen Tag ausklingen. Wir sind froh, dass wir die Etappe mit den meisten Höhenmetern geschafft haben.