Freitag, 24. Juli 1998
Tag 2: Durch's Verwall
Kilometer: 46 km - Höhenmeter: 2100 hm - Schnitt: 7,4 km/h - Fahrzeit: 6 h
Alexander vor der Freiburger Hütte |
Blick ins Tal und Alexanders Bike |
Wir sind wieder früh auf. Mir geht es ein bißchen besser, das wird aber sicher nicht lange anhalten. Nach dem Frühstück, das schon deutlich kleiner als das in Oberstdorf ausfällt, halte ich noch schnell die Freiburger Hütte (1919 m) und die Wolken über dem Tal im Bild fest und wir machen uns um 9 Uhr auf den Weg. Das Wetter ist wieder prima.
Kurze Pause auf der Abfahrt |
Downhill Richtung Dalaas |
Der Weg, den wir laut Routenbeschreibung nehmen sollen, ist für Fahrräder gesperrt. Das beeindruckt uns überhaupt nicht und wir fahren zunächst einen netten Downhill, der dann aber reichlich Schiebestücke enthält. Die letzten Meter vor Dalaas geht es auf einer Teerstraße weiter runter und wir können auf der anderen Seite des Tals schon den ersten Anstieg sehen. In Dalaas (800 m) muß ich erst einmal Alex' Hinterrad neu zentrieren, das die ersten Schläge bekommen hat und an der Bremse schleift.
Auffahrt zum Kristbergsattel mit Blick auf Dalaas |
Nun geht es auf einer guten Schotterstraße hinauf zum Kristbergsattel (1479 m). Der Anstieg zieht sich und ich muß öfters anhalten. Alex ist nicht mehr zu sehen. Auch egal, denke ich mir, da kann ich wenigstens in Ruhe meinen eigenen Rhythmus fahren. Mit einigen Müsliriegeln als Zwischenstärkung komme ich auch irgendwann oben an. Alex wartet schon eine Zeit lang auf mich.
Mittagspause am Hasahüsli |
Wir wissen zunächst nicht, wo es weitergeht, denn zahlreiche Wege scheinen hier weiterzuführen. Wir fahren ein Stückchen weiter runter und finden dort die Höhenloipe, auf der es jetzt eine ganze Zeit lang fast flach weitergeht. Die zahlreichen Wanderer, die hier rumlaufen, stören uns aber ein bißchen. Nach etlichen Kilometern verlassen wir die Höhenloipe und fahren hinunter zur Jausenstation Hasahüsli (1150 m), die wir ohne Probleme finden. Hier machen wir Mittagspause. Nach dem Essen können wir uns nur schwer dazu aufraffen weiterzufahren, denn fast 1200 hm liegen noch vor uns, bis wir unsere heutige Unterkunf erreichen.
Im Silbertal |
Wir fahren jetzt durch das Silbertal, das unbesiedelt und sehr schön ist. Bis auf einen kurzen extremen Anstieg gleich nach der Jausenstation, ist der Schotterweg gut befahrbar. Völlig einsam fahren wir fast zwei Stunden das Tal hinauf. Alex macht jetzt etwas langsamer und fährt mein Tempo mit. Mir geht es erkältungstechnisch zwar etwas besser, dafür liegen mir die fettigen Krautspätzle vom Mittagessen schwer im Magen. Ab sofort werde ich tagsüber etwas weniger essen.
Die letzten fahrbaren Meter im Silbertal |
Zum Ende des Tales hin wird es noch einmal so steil, daß ich wieder anfange zu schieben. Kurz darauf geht der Weg in einen Trampelpfad über, den wir sowieso nicht mehr fahren könnten. Er ist zwar ebenerdig, aber dicke Steine, Matschlöcher und Kuhspuren machen sogar das Gehen schwer. Noch dazu nimmt dieser Weg überhaupt kein Ende. Wir haben die Baumgrenze schon lange hinter uns gelassen und einen guten Überblick. Trotzdem können wir nicht erkennen, wie weit es noch ist. Bei mir macht sich etwas Unmut breit. Es ist schon Nachmittag und wird kühler, außerdem haben wir Hunger. Die Müsliriegel, die ich zwischendurch ständig esse, kann ich nicht mehr sehen. Von denen tun mir mittlerweile sogar die Zähne weh.
An der Rosanna entlang durchs Schönverwalltal |
Heilbronner Hütte (2308 m)[Postkarte] |
Nach einer Ewigkeit erreichen wir das Ende des Silbertales und gelangen ins Schönverwalltal, das quer vor uns liegt. Noch immer haben wir 400 hm vor uns und die Zeit drängt langsam. Nach ein paar Orientierungsschwierigkeiten beim Überqueren des Flüßchens Rosanna, fahren wir auf einem ganz guten Weg den Bach entlang weiter nach oben, bis auch dieser Weg aufhört. Den Pfad, den wir jetzt vor uns haben, gefällt uns überhaupt nicht: steil, steinig und in einem miesen Zustand. Er ist eine ziemliche Qual. Ich kann mein Rad kaum hochwuchten, weil meine linke Schulter anfängt, weh zu tun. Das Problem hatte ich aber auch im letzten Jahr schon. Ich quäle mich weiter. Als wir höher kommen, zieht immer dichterer Nebel auf. Der Weg wird zwar wieder flacher und ist jetzt stückweise fahrbar, dafür ist die Sicht auf 30 m gesunken und von der Heilbronner Hütte (2308 m) nichts zu sehen. An einer Wegkreuzung wissen wir zunächst nicht weiter, aber ein leises Brummen weist uns den richtigen Weg zur Hütte.
Unser Lager in der Heilbronner Hütte |
Die Hütte ist gerammelt voll, Zimmer gibt es keine mehr, nur ein Lager können wir noch haben. Das Lager ist riesengroß und wir sind nicht die einzigen. Gut 30 Leute übernachten in dem Raum, das wird sicher eine ruhige Nacht werden. Man merkt deutlich, daß das Wochenende angefangen hat. Ich versuche mir wieder ein Handtuch zu leihen und bekomme wenigstens ein Küchenhandtuch. Duschen gibt es in dieser Hütte keine und das Wasser ist wieder eiskalt, Gruß an meine Erkältung. Bei dem kalten Wasser hat es zwar keinen Sinn, Klamotten zu waschen. Ich versuche es trotzdem und hänge sie an meinem Lager auf.
Wir unterhalten uns kurz mit zwei anderen Bikern, die ebenfalls zum Gardasee wollen. Sie sind allerdings in St. Anton losgefahren und fahren die Transalp-Route 9 aus der Bike, die etwas anders verläuft als unsere. Wir fahren über das Stilfser Joch und westlich um den Ortler herum, die beiden umfahren das Ortlermassiv im Osten.
Alex und ich essen Spaghetti und trinken dazu Hefeweizen. Nach dem Essen schreibe ich endlich die ersten Postkarten, obwohl ich mich mit meinem verschnieften Kopf kaum darauf konzentrieren kann. Dann fangen wir noch eine Partie Kartensiedler an, doch das Spiel währt nur kurz. Etwas unsanft werden wir darauf aufmerksam gemacht, daß um 22 Uhr Hüttenruhe ist. Passend dazu gibt es morgens auch nur bis 8 Uhr Frühstück. Also gehen wir schlafen.