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Mittwoch, 29. Juli 1998

Tag 7: Zwischen Ortler und Adamello ins Val di Sole

Kilometer: 56 km - Höhenmeter: 2000 hm - Schnitt: 7,9 km/h - Fahrzeit: 7 h

Auf dem Weg zum Passo di Gavia
Auf dem Weg zum Passo di Gavia
Auf dem Weg zum Passo di Gavia
Auf dem Weg zum Passo di Gavia

Heute haben wir wieder geniales Wetter. Sogar ein paar meiner Sachen sind trocken geworden.

Zunächst müssen wir auf einer kleineren Straße zum Passo di Gavia (2621 m) strampeln. Am frühen Morgen gleich mal 900 hm, das ist ja Klasse. Ich gehe den Anstieg geruhsam an und Alexander bleibt bei mir. In Serpentinen geht es den Berg hinauf und nur selten kommt ein Auto. Es läßt sich also sehr angenehm fahren, obwohl die Straße steil ist. Man merkt deutlich das südlichere Klima, denn die Baumgrenze ist mittlerweile um einiges höher, als in den letzten Tagen. Ich halte immer wieder an, um mich umzusehen und genieße das Wetter. Wir haben eine geniale Sicht mit einen tiefblauen Himmel. Von meiner Erkältung ist überhaupt nichts mehr zu spüren. Ich habe sie wohl an den ganzen Anstiegen herausgeschwitzt.

Komische Schilder haben die Italiener
Komische Schilder haben die Italiener

Als dieses komische Steigungsschild kommt, halte ich wieder an. Ich finde es so klasse, daß ich es unbedingt fotografieren muß. Ohne Prozentangabe bringt uns das Schild nämlich überhaupt nichts, aber immerhin wissen wir jetzt, daß es bergauf geht :-) Im folgenden werde ich Alexander doch zu langsam und er setzt sich etwas von mir ab. Ich gebe mir zwar Mühe hinterherzukommen, habe aber keine Chance. Zwei Rennradfahrer überholen mich auch noch. Die Glücklichen haben aber auch kein Gepäck dabei.

Monument vor der Rifugio Berni
Monument vor der Rifugio Berni

An der Rifugio Berni wartet Alexander auf mich. Bis zum Paß ist es zwar noch ein kleines Stückchen, aber wir legen uns erst einmal auf einer Bank vor der Rifugio in die Sonne. Dort schauen wir den Touristen zu, die mit dem Auto hier entlang kommen und anhalten, um sich so ein komisches Monument anzugucken, das auf der anderen Straßenseite steht. Ich untersuche noch meine Schaltung, die nicht mehr exakt funktioniert. Da sich nach dem Ölen des Zuges keine Besserung einstellt, vermute ich, daß es wahrscheinlich am Außenzug liegt und der nicht mehr in Ordnung ist.

Relaxte Kühe auf der Paßstraße
Relaxte Kühe auf der Paßstraße
Relaxte Kühe auf der Paßstraße
Relaxte Kühe auf der Paßstraße

Wir fahren weiter. Nur noch 100 hm bis zum Passo di Gavia, aber selbst auf diesem kurzen Stück kann ich mit Alex nicht mithalten und sehne mich nach einer Abfahrt. Am Paß sammelt er mich wieder auf und dann geht es endlich Berg runter, zwar immer noch auf der geteerten Paßstraße, aber fast ohne Autoverkehr. Ich lege mich gleich ins Zeug und bin schnell auf Tempo. Kaum bin ich in Schwung, muß ich hinter einer Biegung mächtig in die Eisen langen, denn in einer Serpentine sonnen sich mitten auf der Straße einige Kühe. Völlig unbeeindruckt liegen sie da und finden die Straße offenbar bequemer als ihren Acker. Von denen muß ich ein Foto machen.

Blick auf die Straße ins Tal
Blick auf die Straße ins Tal

Alexander ist mittlerweile bei mir und wir fahren weiter. Ein herrliche Abfahrt auf der Straße bei fast null Verkehr. Nur ein paar Autos müssen wir überholen. Als die Straße in einem Tunnel verschwindet, fahren wir außenrum weiter. Dieser Weg ist ein einziges Geröllfeld und wir werden gut durchgeschüttelt. Dann stoßen wir aber wieder auf die richtige Straße und es geht im alten Stil weiter. Steil und Teer, das gibt Tempo. Gut 70 Sachen bekommt man da ohne Treten hin und es ist kein Problem, Autos zu überholen. Die müssen wegen der kurvenreichen und unübersichtlichen Strecke nämlich langsamer fahren. Weiter unten wird die Straße noch dazu so schmal, daß gar keine zwei Fahrzeuge aneinander vorbei kommen können. Da haben wir natürlich leichtes Spiel. Ich finde es die schönste Teerabfahrt, die wir bis jetzt hatten.

Ristorante in Pezzo
Ristorante in Pezzo

Als wir in Pezzo (1565 m) ankommen, wollen wir gerne etwas essen. In dem kleinen Kaff scheint es aber nicht viel zu geben. Mitten im Ort finden wir ein kleines Ristorante und versuchen es damit. Wir haben reichlich Schwierigkeiten, uns mit der Kellnerin zu verständigen, denn sie kann kein Deutsch und kein Englisch, und wir so gut wie kein Italienisch. Seit wir gestern Tirol verlassen haben, sind wir mitten in Italien und da kann so etwas schon mal passieren. Wir geben aber zu verstehen, daß wir etwas Essen wollen und gerne einen Salat dazu hätten. Den bekommen wir und es gibt noch leckere Hirschmakkaroni. Als wir nach dem Essen noch etwas sitzen bleiben, kommen einige Gäste mit dicken Autos und feinen Anzügen ins Ristorante. Nachdem wir uns daraufhin auf eine saftige Rechnung eingestellt haben, sind wir nicht schlecht überrascht, als wir nur 12,- pro Person bezahlen. Das ist das günstigste Mittagessen, was wir bis jetzt hatten.

Der nächste Anstieg liegt vor uns
Der nächste Anstieg liegt vor uns
Das alte Dörfchen Case di Viso
Das alte Dörfchen Case di Viso

Gut gelaunt fahren wir weiter. Es geht wieder stramm bergauf. Der nächste Kamm, über den wir müssen, liegt auf 2613 m. Das ist viel. Nach einem kurzen Stück Straße kommen wir durch ein nettes kleines Örtchen, das noch aussieht wie vor ein paar hundert Jahren und offenbar absichtlich so erhalten wird. Ab da geht es auf einem Schotterweg weiter und wir können schon vorzeitig erkennen, wie er sich in Serpentinen den Berg hochzieht. Der wird uns wohl eine Zeit lang beschäftigen. Kaum haben wir ein paar Höhenmeter erklommen, ziehen zwei andere Mountainbiker an uns vorbei. Sie haben zwar kein Gepäck dabei, aber über ihr Tempo muß ich doch staunen. Wir fahren unser Tempo weiter und Alexander bleibt diesesmal weitestgehend bei mir.

Hier wird auch Schieben problematisch
Hier wird auch Schieben problematisch
Blick zurück auf Case di Viso
Blick zurück auf Case di Viso
Alexander gibt alles
Alexander gibt alles

Nach 1 h Fahrt sind wir schon weit oben. Noch immer kann man das Dörfchen von vorhin sehen, aber mittlerweile ist es weit unter uns. Kurz darauf hört der Weg auf. Ein Fußweg führt nun weiter bis zur Forcellina di Montozzo (2613 m). Der ist aber nicht mehr dauerhaft fahrbar. Am Ende haben wir sogar beim Schieben Schwierigkeiten, denn der geröllartige Boden bietet nicht viel Halt.

Grandioses Panorama
Grandioses Panorama
Trail zum Lago di Pian Palu
Trail zum Lago di Pian Palu

Als wir oben sind, bietet sich uns ein grandioser Ausblick. Fast noch besser als gestern bei den Militärverbauungen. Endlose Weite und totale Einsamkeit (wenn man von einem Wanderer absieht, der kurz hinter uns hier oben angekommen ist). Vor der Abfahrt ziehe ich mir etwas über und futter einen obligatorischen Müsliriegel.

Trail zum Lago di Pian Palu
Trail zum Lago di Pian Palu
Trail zum Lago di Pian Palu
Trail zum Lago di Pian Palu
Alexander auf dem Trail zum Lago di Pian Palu
Alexander auf dem Trail zum Lago di Pian Palu

Auf einem ganz schmalen Pfad geht es wieder runter. Er ist zunächst gut fahrbar und auch kleinere Steinfelder halten uns nicht auf. Nach einiger Zeit können wir den Lago di Pian Palú (1800 m) von oben sehen. Da müssen wir als nächstes hin. Der Weg wird jetzt aber abenteuerlicher. Er ist nur noch ein Fußsteig, der versucht, möglichst schnell den Berg hinunterzukommen. Mit etwas Risiko kann ich zwar alles fahren, muß aber ab und zu einen Fuß auf den Boden setzen. In der Nähe des Sees scheuchen wir leider noch ein paar Wanderer auf. Die müssen ein Stück zur Seite gehen, denn der Weg ist immer noch furchtbar schmal.

Am See ist viel Trubel. Alexander will eine Pause machen, aber ich will die letzten Meter bis zur nächsten Übernachtung schnell hinter mich bringen. Wir müssen nach Péjo, doch davon gibt es zwei. Den Ort selbst und das etwa 200 m tieferliegende Touristenzentrum Péjo Fonti, von dem wir von weitem Musik hören. Wir fahren zunächst über eine tolle Abkürzung in den Ort, finden dort unsere Albergo aber nicht. Auf Nachfrage sagt man uns, daß die in Fonti liegt. Dort fragen wir noch einmal nach und finden sie dann auch. Kein Nobelschuppen, aber ausreichend.

Ich wasche diesesmal nichts, da morgen sowieso die letzte Etappe ist. Nach dem Duschen und einem brauchbaren Abendessen fahren wir noch einmal los, um ein Bierchen trinken zu gehen. Komischerweise ist draußen aber überhaupt nichts mehr los. Als wir vorhin angekommen sind, war auf der Straße die Hölle los, jetzt ist es wie ausgestorben. Wir wissen gar nicht, wo wir hin sollen, so eine richtig schöne Kneipe gibt es hier offenbar nicht. Da es langsam dunkel wird, schließen wir die Räder an und gehen einfach in ein Ristorante. Dort gefällt es uns überhaupt nicht und so sind wir nach einem Bier wieder in unserer Albergo.

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